Wenn “Profis” den DAU verarschen
Vor gut 2 Jahren habe ich, eher per Zufall, erfahren dass sich eine Bekannte ein neues Notebook zulegen musste, ihr alter Laptop würde anscheinend nicht mehr hochfahren, geschweige denn überhaupt noch irgend ein Lebenszeichen von sich geben. Ganz der “Nerd” der ich bin hab ich natürlich nachgefragt was sie denn genau gemacht hat und wann bzw. ob sie vielleicht wisse wieso er nicht mehr funktioniert. Aber dazu etwas später mehr…
Zuvor war sie bereits bei “den Profis“, einem IT-Unternehmen welches sich auf die Hard- und Software-seitige Reparatur von Notebooks, PCs und anderem IT-Equipment spezialisiert hat, nebenbei aber auch noch einige Einrichtungen in der Umgebung in Sachen IT-Infrastruktur betreut. Namen nenne ich jetzt natürlich keinen.
Mehrere Tage nachdem Sie das Notebook dort abgegeben hatte kam dann ein Anruf: Das Notebook wäre Schrott und könne nicht wieder zum laufen gebracht werden. Im ersten Moment natürlich ein Schock für jemanden der nicht einfach mal so ein paar Hunderter für einen neuen herblättern kann ohne dabei wo anders sparen zu müssen. Doch ein Ersatz musste dringend her, immerhin müssen die Kinder Schul-Dokumente und Präsentationen fertigstellen.
Gesagt, gezwungen getan. Sie kaufte direkt dort ein neues Notebook, “schlank und modern, das beste was Sie für diese Preisklasse bekommen” wurde ihr vergewissert. Später stellte ich dann aber fest dass diese beinahe 100€ auf den Preis aufschlugen, natürlich auch gleich mit kostenpflichtigen, “günstigen und für von uns super empfundenen” Antiviren-Schutz. Das wäre ja noch das mindeste…
Trotz dem Kauf des neuen Notebooks wurden ihr die IT-Stunden natürlich nicht erlassen, diese beliefen sich auf fast 200€. Der Preis des überteuerten Notebooks schlug dann mit über 500€ noch mal ins Gewicht, fast 700€ an einem Tag die gezahlt werden mussten. Die Datenübernahme vom alten Notebook war da noch nicht inbegriffen un wurde, (später dann) zum Glück, auch nicht mehr gemacht.
Wieder bei ihr zu Hause bekam ich dann einen Anruf ob ich nicht eventuell die besagten Daten auf ihr neues Notebook kopieren könne, sie hätte sich ein neues kaufen müssen weil ihr alter nicht mehr funktioniert. Naja, wie oben erwähnt hab ich dann nachgefragt und interessantes raus gefunden…
Angeblich wurde der alte Laptop komplett zerlegt und von “den Profis” getestet, Fazit: “Ladeelektronik durchgebrannt, da lässt sich nichts mehr machen“.
Aus reiner Neugier habe ich, bevor ich mit dem Daten kopieren begonnen habe, angefangen den alten Laptop zu zerlegen um zu schauen ob ich vielleicht noch etwas ausfindig machen kann. Es gäbe zwar eine Möglichkeit Akkus extern zu laden, aber diesen Umweg wollte ich, zum Glück, zu diesem Zeitpunkt noch nicht nehmen. Laptop also auseinander genommen, alles entfernt, Motherboard, RAM, Festplatte, Antennen, Gehäuse, Bildschirm, …
Leider war das Gerät nicht einfach zu zerlegen, doch dann fiel mir eines auf: Die Tastatur war mit doppelseitigem Klebeband direkt am Gehäuse verklebt. Dies wurde aber nicht von dem IT-Dienstleister wieder zurück angeklebt, zum Glück gab es ein YouTube-Video bei dem ich nachvollziehen konnte dass dieses Klebeband ab Werk dort angebracht wird. Mit viel Kraft und ca. eine halbe Stunde später konnte ich endlich das extremst gut haltende Klebeband mit ein wenig Gewalt lösen und weiter zerlegen.
Als ich dann endlich alle Einzelteile vor mir liegen hatte fiel mir sofort auf: Hier stimmt was nicht. Kein “Brandgeruch” wie es bei durchgebrannter Elektronik normal der Fall wäre, keine schwarzen Stellen, nichts was irgendwie Beschädigt aussehen würde… und vor allem kein Hinweis darauf dass der Laptop vor mir schon von jemandem zerlegt wurde…
Im Klartext: Die Typen haben das Gerät gar nicht zerlegt, Auffälligkeit Nr. 1 war schon mal das Klebeband. Nach meiner “Initialen Zerlegung” hab ich nochmals getestet ob die Tastatur wieder so bombenfest auf dem Gehäuse klebt, dem war aber nicht so. Ganz im Gegenteil, diesmal hielt das Klebeband die Tastatur angenehm fest auf dem Gehäuse, lies sich aber bei Bedarf leicht wieder lösen. Da ist was faul…
Auffälligkeit Nr. 2 wäre dann natürlich dass die Ladeelektronik gar nicht beschädigt ist, nicht mal der Stecker hat in irgendeiner Weise viele Gebrauchsspuren. Alles in allem ein trotz in die Jahre gekommenes Gerät noch immer zuverlässig, zumindest im groben Überblick.
Nachdem ich nun das Ding komplett zerlegt, bereits mehrere Stunden investiert und immer noch keinen Fehler gefunden hatte entschied ich mich wohl für die, im Nachhinein, für die einfachste Lösung: Netzteil tauschen. Also eines von einem alten Notebook von mir hergenommen, Laptop notdürftig wieder zusammengesetzt, getestet, und VOILÀ! Funktioniert wieder…
Spätestens jetzt wurde mir klar dass es eigentlich ein wirklich einfacher Defekt war und dass sie hier vollkommen über den Tisch gezogen worden ist. Nicht nur mit dem neuen Notebook aber auch bei den Reparaturkosten, immerhin wurde das Ding nicht ein einziges mal geöffnet und ein neues Netzteil würde grade mal 20€ kosten…
Jetzt kam ein ziemlich “lustiger” Teil: Das wieder zusammenbauen des gesamten Laptops… Diesmal ging es allerdings ein wenig flotter, immerhin wusste ich noch grob wie ich den zerlegt habe. Nach einer halben Stunde war dieser wieder voll Einsatzbereit.
Ich hab ihr dann von meinen Entdeckungen erzählt und ihr geraten sofort wieder zu den Typen zu laufen, das neu gekaufte Notebook zurück zu geben und auch eine Rückerstattung des gesamten Preises inkl. Technikerstunden zu verlangen, immerhin ist das vermeintlich “kaputte Gerät” wohl für fast eine Woche nur rumgestanden.
Nachdem sie den IT-Dienstleister mit den Fakten konfrontierte gab dieser sofort nach, auch ein kleiner Anhaltspunkt dass dies wohl kein Einzelfall gewesen sein dürfte… Sie bekam den vollen Preis zurück, die Stunden wurden auch wieder zurückgezahlt und sie bekam sogar noch ein neues Netzteil oben drauf, ohne Aufkosten natürlich.
Und die Moral von der Geschicht: Glaube jeden Scheißdreck nicht!
Leider gibts für den “DAU”-User, der seinen PC nur zum arbeiten benutzt und sich sonst nicht wirklich auskennt, keine Möglichkeit dass er hier überprüft ob ein Gerät komplett defekt ist oder ob sich der Dienstleister gerade leichte Beute eingefangen hat und diese komplett ausnimmt, immerhin muss man wissen wonach man sucht und wie genau man vorgeht. Zudem hat nicht jeder in der Bekanntschaft einen ITler der mal eben schnell drüberschauen kann und so manche Sachen wieder richtet.
Leider gibt es in der IT-Sparte zunehmend mehr Leute die nicht auf die eigentliche Hilfe sondern einfach nur aufs schnelle Geld aus sind… Ich kenne noch einen anderen von mir “gelösten” Fall, wenn nicht sogar noch extremer, möchte mich hier dazu aber nicht äußern.
Solche Fälle zeigen mir leider immer wieder wie schnell manche Menschen die Unsicherheit anderer ausnutzen um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen…
Meiner Meinung nach sollte ja sowas (health-checks) zum Computer-Grundwissen dazugehören, aber naja.
Ja, finde ich auch aber bei dem Computer-Führerschein (welchen ja auch nicht alle haben) lernt man solche, eigentlich Grundlegenden Dinge, leider nicht…